„Im Augenblick“ – Eine Mikroanalyse der Begegnung
Istina je u očima
ONO je u očima
Sve je u pogledu.
Die Wahrheit ist in den Augen
ES ist in den Augen
Alles ist im Blick.
Kroatisches Sprichwort (Zitat)
Jeder von uns hat seine/ihre eigene „Blickgeschichte“. Damit meine ich all die Erfahrungen, die wir im Laufe unseres Lebens als Sehende, mit unseren Augen machen. Ist es vielleicht ein erster Schimmer im Mutterleib, der uns die Helligkeit der Welt da draußen erahnen lässt? Jedenfalls mit dem Augenblick der Geburt begeben wir uns in die Welt der Sehenden, und was genauso prägend ist: Wir werden angeschaut und gesehen. Diese Wechselwirkung prägt ab den ersten Millisekunden, wie wir heute wissen, zu einem wichtigen Teil unser Dasein, unser Wohlfühlen und unseren Stresspegel.
Baby- und Kinderaugen sehen vieles, was sie besser nicht sehen sollten, und gleichzeitig sind sie die Garanten für die lebenssichernde Versorgung und Zuwendung. Die Neugier ist uns Menschen angeboren und Voraussetzung für Lernen und Aneignung der Welt. Unsere wesentlichen Erfahrungen sind als Bilder mit emotionalem Gehalt in unserem Gehirn abgespeichert (Hüther 2006). Neben den erfreulichen Bildern gibt es auch die unangenehmen. Gerade die scheinen in unserem Gehirn besonders gut verankert zu werden, sie brennen sich gleichsam ein. Aus wissenschaftlicher Distanz betrachtet ist es für das Überleben wesentlich, die großen Gefahren zu kennen, um diese vermeiden zu können. Für die einzelne Lebensgeschichte kann dies aber eine lebenslange Belastung oder Verletzlichkeit bedeuten, wie wir aus der Traumaforschung wissen.
Mit dem Hinaustreten aus dem Mutterleib sind wir in der sozialen Welt angekommen und kulturellen Traditionen, wer wen wie anschaut, ausgesetzt.
Macht man den „Augen-Blick“ zum Gegenstand seiner Aufmerksamkeit, so erschließen sich viele Möglichkeiten für das Verstehen und das methodische Vorgehen in psychologischer Diagnostik, Beratung, Supervision, Pädagogik und Therapie.
Im Rahmen von Workshops habe ich mich über Jahre mit dieser Thematik auseinandergesetzt. Mit Bezug zu unterschiedlichen neurobiologischen Erkenntnissen und anhand meiner Erfahrungen habe ich verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten der „Arbeit mit den Blicken“ im Rahmen von Supervision, Coaching und Organisationsberatung entwickelt.
„Im Augenblick“ – Eine Mikroanalyse der Begegnung
Augenblick! – Was fällt Ihnen dazu als erstes ein? Wohl diese kurz bemessene Zeit, die wir als „Nu“ oder „Moment“ bezeichnen. Diesen Begriff will ich aber nicht in das Blickfeld meiner Arbeit rücken. Ich meine den Augen-Blick im wahrsten Sinn des Wortes: Den Blick der Augen auf jemanden oder etwas, jemanden an-blicken, an-sehen oder jemandem „Ansehen verleihen“.
Als ich mich anschickte, diesen Artikel zu schreiben, fiel mir folgendes Bild ein: Ich sitze auf einem Berg in der gleißenden Sonne, rundum eine strahlende Schneelandschaft. Der Blick ins Tal fällt auf ein Nebelmeer, eine Landschaft aus weißer, wogender Watte, aus der vereinzelte Inseln aufragen, kleine Oasen mit Nadelbäumen in der endlosen Weite.
Mir scheint dies ein taugliches Bild für das, was Supervision anstrebt: als SupervisorIn eine Position einzunehmen, die einen Überblick ermöglicht und von dort aus etwas zu verstehen versuchen, was ihr nicht direkt zugänglich ist. Wir schauen unseren SupervisandInnen nicht über die Schulter, wie sie ihre Arbeit verrichten. Wir treffen uns mit ihnen, um in dem oben begonnenen Bild zu bleiben, in einer Pause oder nach der Arbeit auf der Hütte oder an einem Sonnenplatz, um darüber zu reden und in einen Austausch zu treten, was sich im Tal tut, wie die Landschaft unter diesem Nebelmeer wohl beschaffen sei und was diese Inseln, die wir sehen, mit dem darunter verbindet. Der Beruf des/r SupervisorIn ist ein „Augenberuf“ – so bezeichnet es das lateinische videre – das sich in der Berufsbezeichnung findet. Wir schauen von berufswegen und sind doch wesentlich auf die Erzählungen unserer SupervisandInnen angewiesen, da sich das Leben unter dem Nebelmeer unserem direkten Blick entzieht. Gut, manchmal mag sich der Nebel lichten, ein Sonnenstrahl tiefer dringen und einzelne Szenerien, Momentaufnahmen enthüllen. Doch im Wesentlichen sind wir darauf angewiesen, das was uns die SupervisandInnen mit Worten, Gesten und als Szenen überbringen, versuchen zu entschlüsseln und zu verstehen.
Der Artikel ist erschienen in Wolfgang Knopf, Ingrid Walther (Hg.): Beratung mit Hirn - Neurowissenschaftliche Erkenntnisse für die Praxis von Supervision und Coaching, Facultas Universitätsverlag Wien, 2010
„Istina je u očima - Die Wahrheit ist in den Augen.“ Spuren des Lebens im Augen-Blick 2011
Mit dem Augen-Blick meine ich einerseits das konkrete Sehen, das Schauen, den Blickkontakt. Das was wir sehen löst in uns innere Bilder mit entsprechenden, zugehörigen Emotionen aus. Wir sehen etwas mit unseren Augen und vor unserem inneren Auge taucht auch ein Bild auf.
Zum anderen meine ich den Augenblick in der zeitlichen Dimension – als die kleinste menschliche Zeiteinheit. Die Fülle des Lebens kann sich im Augenblick bündeln.
Der Artikel ist erschienen in: Khorassani-Michels, M. (Hrsg.). Spuren des Lebens. Transpersonale Psychotherapie und unsere Ver-Antwortung in der Welt. Ibera Verlag. Wien 2012. S. 99 – 105
Text-Icon Spuren des Lebens im Augen-Blick Bitte verlinken mit PDF Spuren des Lebens im Augen-Blick - Vortrag- öatp Wels 2011 aus dem Ordner
(Text 5) Ein Augen-Blick im Arbeitsalltag einer Führungskraft 2014
Bei all den Managementtechniken, den Leitfäden und Checklisten ist die Persönlichkeit der Führungskraft ein entscheidender Faktor für den gelingenden Einsatz dieser Mittel. Im unmittelbaren Kontakt mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Klientinnen und Klienten wird die persönliche Fähigkeit der Kontaktgestaltung, der eigene „Stil“, Leadership spürbar und wirksam. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Blickkontakt.
Ein Augen-Blick im Arbeitsalltag einer Führungskraft 2014
Bei all den Managementtechniken, den Leitfäden und Checklisten ist die Persönlichkeit der Führungskraft ein entscheidender Faktor für den gelingenden Einsatz dieser Mittel. Im unmittelbaren Kontakt mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Klientinnen und Klienten wird die persönliche Fähigkeit der Kontaktgestaltung, der eigene „Stil“, Leadership spürbar und wirksam. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Blickkontakt.